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Wenn sich 9 Monate wie viele Jahre Berufserfahrung anfühlen

07. März 2024  | Dresden

Neun Monate sind seit dem Berufseinstieg von Sophia Beukewitsch vergangen. Doch die Zeit fühlt sich an wie mehrere Jahre. Warum das so ist und ob sich ihre Entscheidung für einen Berufsstart im Extra Team Kita bewährt hat, darüber hat sie mit Franziska John, Regionalleiterin Sachsen, in Dresden gesprochen.

Franziska John: Sophia, Du hast ja mitten in einer sehr schwierigen Zeit bei uns angefangen. Ab den Sommerferien 2023 hatten wir in Dresden ein echtes Auftragsloch, wie wir das noch nie erlebt hatten. Inzwischen hat sich alles wieder erholt, aber damals war das schwer. Und gerade da hast Du angefangen - und zwar nicht nur bei uns. Denn Deine Stelle als Erzieherin war auch gleichzeitig Dein Start in den Beruf. Wie ging es Dir damit?

Sophia Beukewitsch: Ich war von Anfang an sehr positiv. Das Extra Team Kita hatte ich schon während meiner Ausbildung kennengelernt. Mir erschien das als tolle Alternative, um viel herumzukommen und Erfahrung zu sammeln. Als ich dann anfing, war plötzlich deutlich mehr Flexibilität gefragt, als das ursprünglich gedacht war. Mir kam das aber sehr entgegen, ich fand das sogar richtig toll. Ich hatte teilweise Dienste in Leipzig und in Bad Lausick. Und dann kam sogar die Anfrage, ob ich mir vorstellen könne, vorübergehend auch in Berlin zu arbeiten. Ich dachte mir nur: "Oh mein Gott, ich kann nach Berlin!". Der Start war damit wirklich turbulent, aber ehrlich: das fühlte sich perfekt an.

Du bist dann auch wirklich für 4 Monate zu unseren Kolleg:innen nach Berlin gegangen. Wie lief der Abstecher in die Hauptstadt?

Berlin war wirklich eine tolle Erfahrung. Am Anfang war ich etwas gehemmt, schließlich komme ich eher vom Lande - da war das schon eine Herausforderung. Geholfen hat am Anfang, dass ich mir mit einer Kollegin eine Wohnung geteilt habe. Das war aber alles schnell kein Thema mehr. Ich habe mich an die Stadt gewöhnt und das Angebot geschätzt. Museen, Parties, Konzerte - Berlin bot so viel, und ich war mittendrin. Es hat nicht lange gedauert, dass ich am Wochenende gar nicht mehr nach Hause wollte (lacht).

Die Arbeit in Berlin war auch total toll. Ich habe da so viel Teamgeist in der Einrichtung gespürt und auch ganz viel Dankbarkeit für meine Leistung erfahren. Dass 1-6jährige in einer Gruppe zusammen sein können, hatte ich bisher noch nicht erlebt. Doch als ich sah, wie die Großen den Kleinen etwas zeigten und das wunderbar funktionierte, war das schon eine bereichernde Erfahrung. Das Kollegium habe ich in einer Art professioneller Entspanntheit erlebt, mit einer festen Struktur, hoher Fachkunde und einem stets offenen Dialog darüber, wie es auch einem selber geht und was man mit den Kindern und für sich erreichen möchte. Auch das war eine sehr direkte und positive Erfahrung. Die Einrichtung lag in Neukölln und damit eher in einer sozial doch etwas herausfordernden Umgebung. Doch im Hause war die Welt total in Ordnung.

Unter'm Strich - was glaubst Du, haben Dir die vier Monate persönlich gebracht?

Naja, Anfang war ich etwas zurückhaltend und vorsichtig. Seit der Berliner Erfahrung gehe ich jetzt aber lockerer auf die Kinder zu. Durch die Offenheit im Team dort habe ich gelernt, mich stärker in meinem Job zu entfalten. Ich bin freier geworden, bleibe ruhig und selbstbewusst. Diese Erfahrung der Großstadt, mit einer anderen Mentalität und auch anderem pädagogischen Ansatz - das hat einfach für sehr viel Berufserfahrung gesorgt. Die Zeit verging im Flug. Mein ursprünglicher Plan, viel herumzukommen, ging also viel besser auf, als ich mir das Anfangs hätte wünschen können.

Du strahlst wirklich eine echte Euphorie aus, wenn Du so erzählst. Jetzt müssen wir natürlich ehrlich sein: Du warst auch deshalb so viel unterwegs, weil es die Situation erforderte. Wir ermöglichen es zwar immer wieder Kolleg:innen auch einmal an einem anderen Extra-Standort zu arbeiten, aber die Regel ist das nicht.

Unsere Stelle bei uns war gleichzeitig Dein Berufsstart. Was glaubst Du, kannst Du anderen Berufseinsteiger:innen vor dem Hintergrund Deiner jetzigen Erfahrungen raten?

Am Anfang kann es schwierig sein, in ein Team hineinzufinden. Man lernt neue Leute kennen und ist unsicher, wie die so ticken. Das gilt nicht nur für die Kollegen, sondern auch für die Kinder, die man Anfangs auch nicht so gut einschätzen kann. Und dann kamen zumindest bei mir zum Berufseinstieg auch noch grundsätzlichere Fragen dazu. Will ich mehr im Hort oder in der Jugendarbeit arbeiten? Oder lieber im Elementarbereich? Da war einfach viel Unsicherheit.

Inzwischen habe ich Routine, in neue Teams hineinzufinden, das bringt der regelmäßige Einrichtungswechsel mit sich. Und ich hatte inzwischen mit so vielen unterschiedlichen Kindern zu tun, dass ich sie - aber auch mich selbst - viel besser einschätzen kann. Für mich hat sich der Berufseinstieg im Extra Team Kita also sehr bewährt. Ich möchte gerne noch eine ganze Weile so weitermachen - und kann das anderen Berufseinsteiger:innen nur empfehlen.

Und mir fällt da noch etwas ein: man sieht mir ja an, dass ich meinen eigenen Kleidungsstil pflege und ja, ich mag natürlich meine Piercings. Das ist alles etwas ausgefallen. Heute fällt es mir leicht, dazu selbstbewusst zu stehen, und ich erlebe bei Extra auch ein Umfeld, das mich so akzeptiert, wie ich bin. Die Kinder finden das auch immer total cool. Die Wahrheit ist aber auch, dass nicht alle Kolleg:innen in festen Einrichtungen immer so aufgeschlossen sind. Da kommen schon einmal komische Blicke. Und ich freue mich dann, Teil eines bunten Teams zu sein.

Lass uns doch noch einmal einen Schritt weiter zurückgehen. Vor Deinem Berufsstart lag schließlich die Erzieherausbildung. Hat Dich die Ausbildung eigentlich - aus heutiger Sicht - gut auf Deinen Beruf vorbereitet?

Ja, gerade durch die Praktika war das schon der Fall. Aber zum Beispiel in einer Situation wie aktuell, in der ich auch einmal alleine in einer Gruppe bin, spontan einspringen muss und die Kinder natürlich noch gar nicht kenne - da ist schon ein Maß an Flexibilität gefordert, mit dem man erst einmal klarkommen muss und das einem in der Ausbildung kaum vermittelt wird. Für mich fühlt sich das jetzt aber, nach 9 Monaten intensiver Erfahrung in verschiedenen Einrichtungen, so an, als hätte ich schon mehrere Jahre im Beruf verbracht.

Die Erzieherausbildung war also die richtige Berufswahl für Dich? 

Grundsätzlich ja. Aber es gibt schon auch die Momente, in denen ich hadere - zum Beispiel bei schwierigen Situationen. Es gibt Tage, da wirst Du von Kindern beleidigt. Die können natürlich nichts dafür, und es ist unsere Aufgabe, die Situation zu klären und zu verbessern. Ich glaube, dass ich nicht alleine mit dem Gefühl bin, dass ich ja helfen möchte und eben doch manchmal an meine persönlichen Grenzen komme. Das kann an konkreten Situationen liegen oder eben auch daran, dass man auf Schicksale trifft, die einem sehr nahe gehen. Wir alle im Beruf des Erziehers haben eben auch unsere eigenen mentalen Grenzen. Die psychische Belastung in unserem Beruf kann manchmal dazu führen, dass man an seinen eigenen Fähigkeiten zweifelt. Auf der anderen Seite gibt es diese wunderbaren Situationen, die den Beruf so liebenswert machen. 

Welche sind das? Was sind für Dich die Highlights in Deinem Beruf? 

Wenn alles funktioniert, wenn die Kinder annehmen, was man ihnen mitgibt, die Kinder eine spürbar echte Beziehung zu Dir aufbauen und ich merke, dass sie etwas gelernt haben, das sie von mir persönlich erfahren haben, dann sind das solche strahlenden Momente. Um es noch kürzer zu sagen: ich glaube das allerbeste ist es, wenn Du das Vertrauen der Kinder spürst. 

Herzlichen Dank für das offene Gespräch, Sophia.


Bild: Erzieherin Sophie Beukewitsch (r) im Dialog mit Franziska John

 

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